Deutschlandticket: Kritik an Umsetzung

Nach dem großen Erfolg des 9-Euro-Tickets im letzten Jahr steht nun endlich mit dem Deutschlandticket ein „Nachfolgeprodukt“ vor der Tür. Mit 49 € natürlich teurer als das 9-Euro- Ticket, aber mit der bundesweiten Gültigkeit im Nahverkehr und der in den vielen Fällen großen Ersparnis sicherlich ein großer Fortschritt. – Vor 2022 hätten wohl die wenigsten von so einer einschneidenden bundesweiten Vereinfachung und Vergünstigung im Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu träumen gewagt.

Hauke Schmiegel (40, Kandidat für die Stadtverordnetenversammlung, SPD) kritisiert aber die bisherige Umsetzung durch BremerhavenBus (VGB) und dem VBN.

Dazu Hauke Schmiegel: „Wir wollen mehr Menschen vom Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit einem guten Angebot, Preis und Qualität überzeugen, schließen aber in der Praxis gleichzeitig eine große Zahl von Menschen hiervon aus. Das passt für mich nicht zusammen. Andere Verkehrsbetriebe bzw. -verbünde agieren hier mit mehr Fingerspitzengefühl, sozial gerechter und professioneller.“

1. Bonitätsprüfung
Eine Bonitätsprüfung bei einem monatlich kündbaren Ticket ergibt keinen Sinn. Dies benachteiligt vor allem Menschen mit schlechter Bonität (losgelöst von den aktuellen Verhältnissen inkl. evtl. Fehler im Bonitätssystem) sowie Menschen mit geringem Einkommen und Bürgergeldempfänger:innen, für die das Deutschlandticket gerade da sein sollte.

Andere Verkehrsunternehmen (z. B. die Berliner Verkehrsbetriebe und TransDev) gehen hier einen anderen Weg und führen keine Bonitätsprüfung durch. Aber selbst innerhalb des VBN wird zumindest bei der BSAG „Eine Bonitätsprüfung … bislang nicht durchgeführt“.

2. Zahlungsmethoden
Die Auswahl der Zahlungsmethoden ist komplett aus der Zeit gefallen und schließt Bürger:innen unnötig vom Deutschlandticket aus.

Bei den Verkehrsbetrieben im VBN (z. B. BremerhavenBus oder BSAG) ist nur das SEPA- Lastschriftverfahren möglich, mit monatlicher Abbuchung zum 1. des Monats. Das nicht jede:r das Geld zum 1. bekommt, Tourist:innen kein SEPA-Konto haben und nicht jede:r ein SEPA-Konto bekommt, wird dabei scheinbar ignoriert.

Nur in der FahrPlaner-App ist zusätzlich die Zahlung per Debit-/Kreditkarte möglich, was Menschen ohne Smartphone oder ohne Debit-/Kreditkarte wenig bringt. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum die Zahlungsmethoden (PayPal, ApplePay/GooglePay), die bei anderen VBN-Tickets in der selben App verfügbar sind, beim Deutschlandticket, laut VBN „noch“, fehlen.

Dazu Hauke Schmiegel: „Die Zielsetzung des Deutschlandstickets ist klar und diese passt, insbesondere bei einem monatlich kündbaren Ticket, weder mit einer Bonitätsprüfung noch mit den angebotenen Zahlungsmethoden zusammen.“

3. Vorlagepflicht für Ausweis und Bankkarte
Die Formulare zum Deutschlandticket erwecken den Eindruck einer Pflicht zur Vorlage eines Ausweises sowie einer Bankkarte. Dies verkompliziert den gesamten Prozess unnötig (Antragstellung nur persönlich möglich) und macht insbesondere bei vielen Konten heutzutage keinen Sinn (z. B. da keine IBAN auf der Bankkarte steht).

4. Onlineportal von BremerhavenBus (VGB)
Zum 03.04.2023 wurde ein Onlineportal für das Deutschlandticket von BremerhavenBus (VGB) angekündigt. Hier sollte u. A. der Wechsel vom Mia/MiaPlus zum Deutschlandticket einfach ermöglicht werden, welcher bis zum 10.04.2023 erfolgt sein musste für einen Start zum 01.05.2023. Bis heute ist dieses Portal noch immer nicht online. Der Ticketwechsel ist daher nur sehr umständlich möglich.

5. Datensparsamkeit
Nachdem das Onlineportal bereits eine Woche auf sich hat warten lassen, wurde ein Online-Antragsformular für das Deutschlandticket auf bremerhavenbus.de veröffentlicht. Ein zu später, aber sinnvoller Schritt. Leider werden hier zu viele Daten als Pflichtfelder erhoben, wie z. B. Telefonnummer, Mobilnummer und Personalausweisnummer. Datensparsam ist das definitiv nicht. 

6. Ausfüllbare PDF-Formulare
Seit dem 03.04.2023 sind aber immerhin PDF-Formulare auf der Webseite von BremerhavenBus (VGB) abrufbar. Bedauerlicherweise wurden hier einige Felder vergessen, sodass nicht alle Felder (PLZ, Ort, E-Mail und Ort/Datum) am PC/Handy/Tablet ausfüllbar sind. Die Reaktion auf einen diesbezüglichen Hinweis sind eine erneute Zeitreise, sodass inzwischen bei einer neuen Version keines der Felder im PDF mehr ausfüllbar ist.

Dazu Hauke Schmiegel: „Die Pannenshow bei BremerhavenBus wird bedauerlicherweise langsam unfreiwillig komisch. Dem fehlerhaften PDF-Formular folgte das nicht ausfüllbare PDF-Formular, das Online-Formular fragt zu viele Daten ab, unnötige Ausweis- /Bankkartenkontrolle bei der Antragsabgabe und das Onlineportal hat seit dem 03.04. auch noch niemand gesehen.“

Im Sinne der Bürger:innen müssen alle diese Punkte schnellstmöglich angegangen werden. Außerdem müssen die Abläufe bei BremerhavenBus dringend optimiert werden.

Über das genannte hinaus sollte die Einführung einer Pausenfunktion (ohne Vertragsbeendigung, wie z. B. bei mo.pla) für das Deutschlandticket im VBN gesamt oder mindestens bei BremerhaveBus (VGB) geprüft werden.

Dazu Hauke Schmiegel: „Von einem modernen Verkehrsunternehmen/-verbund erwarte ich bürger:innennahe Dienstleistungen und Innovationen, wie ein Deutschlandticket mit Pausefunktion und nicht eine Reise in die Vergangenheit und den Ausschluss von ganzen Bevölkerungsgruppen.“

Ich fordere daher:

  • Keine Bonitätsprüfung beim Deutschlandticket
  • Zeitgemäße Auswahl an Zahlungsmethoden, die niemanden vom Deutschlandticket ausschließen
  • Keine Vorlagepflicht von Ausweisen oder Bankkarten
  • Onlineportal zum Deutschlandticket endlich online stellen
  • Anpassung von allen digitalen und analogen Formularen auf Datensparsamkeit
  • Grundsätzlich vollständig ausfüllbare PDF-Formulare
  • Prüfung zur Einführung einer Pausenfunktion für das Deutschlandticket

SPD Stadtverordnenfraktion handelt:
Auf meine Initiative hin wurde jetzt BremerhavenBus (VGB) um Stellungnahme gebeten zu den Punkten Bonitätsprüfung und Zahlungsmethoden. Losgelöst von den Ergebnissen der kommenden Wahl bleiben wir und bleibe ich hier für die Bürger:innen unserer Stadt am Ball.

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